Lachs

Salmo salar Linnaeus, 1758

Natura 2000: Anhang II, Anhang IV

Karte: Von der Art besiedelte Messtischblattquadranten Gesamtdatenbestand LAU, Zeitraum 2001-2023, vgl. Detailkarte

Kenntnisstand zur Verbreitung in Sachsen-Anhalt

Der Atlantische Lachs ist ein anadromer Wanderfisch, der zum Laichen (Mitte Oktober bis Januar) weit flussaufwärts zieht. Die Junglachse wandern oftmals schon im nächsten Frühjahr in das Meer, verbleiben aber manchmal auch länger im Süßwasser. Die Rückkehr in die Laichgewässer erfolgt nach ein- bis vierjährigem Meeresaufenthalt. Der Lachs ist eine nordatlantische Art und in Europa von Nordportugal bis zum Fluss Petschora in Russland verbreitet. In Deutschland besiedelt er die Nord- und Ostseeküste und die einmündenden Flusssysteme, vor allem den Rhein und die Elbe. Früher zählte der Lachs zu den häufigsten Fischen im Einzugsgebiet der Elbe und bildete die Haupterwerbsquelle der Elbfischer. Seine Bestände sanken seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (Errichtung von Wehren), und bis vor wenigen Jahren galt der Lachs in der Elbe als ausgestorben. Trotz der durchgeführten Besatzmaßnahmen (z.B. Stepenitz in der Prignitz sowie verschiedene Bäche in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz, jüngst auch in der sachsen-anhaltischen Nuthe) ist der Lachs weit davon entfernt, in der Elbe eine stabile Population zu bilden (LAU 2001). Für die Elbe, deren Fließgewässer(abschnitte) in Sachsen-Anhalt reine Wandergewässer des Lachses darstellen, sind entsprechende Gewässerabschnitte nur im Hinblick auf die entsprechende Teilhabitatfunktion als Wandergewässer bzgl. der Beeinträchtigungen zu bewerten. Als Bezugsraum für die Bewertung des Erhaltungszustandes der Populationen sind Reproduktionsgewässer und sämtliche durchwanderten Gewässer bzw. Gewässerabschnitte als funktionelle Einheit zu betrachten.

In Deutschland kommt S. salar im Meer in Nord- und Ostsee vor und steigt zur Reproduktion in die entwässernden Fließgewässersysteme auf. Nachdem der Lachs in Deutschland ausgestorben ist, werden verbreitet Wiederansiedlungsmaßnahmen durchgeführt. Reproduktion findet inzwischen verbreitet statt, doch kam es bislang mit wenigen Ausnahmen nicht zu sich selbst erhaltenden Beständen, d.h. aktuelle Nachweise für diese Art sind zumeist direkt auf Besatzmaßnahmen zurückzuführen. Nach Freyhof (2009) gehen die Experten aller Bundesländer davon aus, dass ohne Besatzmaßnahmen die Bestände der Art wieder erlöschen würden.

Bei den in deutschen Meeresgebieten nachgewiesenen Individuen handelt es sich überwiegend um Tiere aus den Besatzprogrammen. Der Anteil von Individuen aus nordeuropäischen Wildpopulationen in den Nachweisen ist unklar. In jüngerer Zeit häufen sich Meldungen über das verstärkte Auftreten von entkommenen Farmlachsen bei den Laichaufsteigern in den Flüssen, v.a. in Norddeutschland.

Generell stellt sich bei Arten, deren Vorkommen überwiegend von (regelmäßigen) Besatzmaßnahmen abhängen, die Frage, wie eine Bestandsgröße festgestellt werden kann bzw. wie diese zu bewerten ist. Die Anzahl von aufsteigenden Lachsen etwa kann überwiegend von Besatzzahlen abhängen, während ein natürliches Brutauf­kommen eher nicht davon abhängt. Bei diesen Arten (bzw. in Gebieten, in denen diese höchstwahrscheinlich von Besatzmaßnahmen abhängen) wird daher vorgeschlagen, ein Hauptaugenmerk der Monitoringuntersuchungen auf das natürliche Brutaufkommen (im Zusammenhang mit Laichhabitatuntersuchungen) zu legen. Der Erfolg der Besatzmaßnahmen wird z.B. in NRW durch standardisierte Erfassungsprogramme (Nemitz et al. 1999) überprüft. Diese eignen sich generell für die Erfassung der Juvenilen und somit auch Naturbrut (BFN & BLAK 2017).

Aus Bundessicht besteht derzeit keine Erforderlichkeit für die Einrichtung von Stichprobenflächen für das Monitoring. Weitergehende Konzepte aus Landessicht bedürfen weiterer methodischer und organisatorischer Abstimmung.

Erfassung der Verbreitung

Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise gesammelt und auf Basis des für die FFH-Berichtspflichten verbindlichen 10×10 km-Rasterfeldnetz der Europäischen Umweltagentur (EEA-Grid) dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ Rasterfelder, d.h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis im jeweiligen Bezugszeitraum. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, eine Zusammenführung der in der Oberen Fischereibehörde (Auflage bei Ausnahmegenehmigungen zur Elektrofischerei), im Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (Erfassungen zur WRRL) erfassten Nachweise sowie Meldungen der ehrenamtlich arbeitenden Anglerverbände sind dazu erforderlich. Eine Auswertung erfolgt zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes. Der Gesamtbestand und die Habitatgröße werden auf Rasterfeldbasis ermittelt.

Erfassungsmethodik des Stichprobenmonitorings

Obwohl zunächst Methoden für Erfassung und Bewertung definiert wurden (SACHTELEBEN & BEHRENS 2010), wurden Erhebungen im Rahmen des FFH-Monitorings für die aktuelle Berichtsperiode 2013-2018 bundesweit ausgesetzt (s. BFN & BLAK 2017). Stattdessen sollen die Bewertungen anhand der zur Verfügung stehenden Daten aus laufenden Monitoringprogrammen bzw. allgemeiner Datensammlung und auf Grundlage gutachterlicher Einschätzungen auf Bundesebene vorgenommen werden.

Die Darstellung gezielter Erfassungsmethoden erfolgt daher an dieser Stelle nur informativ. Mit einer grundsätzlichen Überarbeitung auf Bundesebene ist zu rechnen.

Bezugsraum

Alle besiedelten und durchwanderten Gewässer/Gewässerabschnitt; alle Vorkommen mit natürlicher Reproduktion sollen an repräsentativen Abschnitten beprobt (0+-Befischung) werden. Die Verteilung soll vom jeweiligen Bundesaland (BL) festgelegt werden (BFN & BLAK 2017).

Methode Population

a) Allgemeine Datensammlung: Überprüfungen der kommerziellen Fischerei jährlich. Erfassung von abwandernden Juvenilen z. B. durch etablierte Hamenfischerei in den Flussmündungen/Übergangsgewässern bzw. durch Reusenfang oder Erfassung mit anderen Fanggeräten (z. B. Smoltfang RST). Erfassung der adulten, aufsteigenden Individuen an den Kontrollstationen (Fischaufstiegsanlagen) der wichtigsten, besiedelten Gewässersysteme.

b) Spezielle Erfassung für die Bewertung im Rahmen des FFH-Monitorings i.e.S. (Bewertungsbögen): Bestandsüberprüfungen in aktuell besiedelten Abschnitten, Erfassung der Populationsgröße in Fischaufstiegsanlagen (Adulte, jährlich) und Probestrecken (Juvenile, d.h. Naturbrut, dreijähriger Turnus). Erfassung der adulten, aufsteigenden Individuen an den Kontrollstationen (Fischaufstiegsanlagen: Reusenfänge, elektronische Erfassung) der wichtigsten, besiedelten Gewässersysteme.

Erfassung der Juvenilen (0+Parrs) aus Naturbrut im Frühsommer/Sommer vor dem 0+ Besatz. Je Vorkommen eines Gewässersystems sind dafür insgesamt ca. 20-25 % der geeigneten, erreichbaren Jungfischhabitate (Nemitz et al. 1999) mit einer Mindestgröße von 500 m2 als Probeflächen auszuwählen. In diesen Probeflächen werden die in den Gewässern geschlüpften Junglachse durch point-abundance Befischung oder repräsentative Streckenbefischung erfasst (Elektrofischerei watend). In Habitaten bis 2000 m2 Größe werden 50 Dips, in größeren Habitaten 100 Dips (bei point-abundance Befischung) gesetzt. Die Auswahl der Dips orientiert sich an der bestmöglichen Habitateignung (ggf. unter Berücksichtigung bekannter Laichplätze).

Methode Habitatqualität

Die Charakterisierung der besiedelten Gewässer erfolgt anhand struktureller, morphologischer, physikalischer und chemischer Merkmale einmal im Berichtszeitraum.

Methodik der Bewertung des Erhaltungszustandes

Die Bewertung der Populationsparameter bzw. Laich- und Juvenilgewässer ist in Sachsen-Anhalt gegenwärtig nicht möglich. Aufgrund der bundesweiten Aussetzung der Erhebungen im Rahmen des FFH-Monitorings für die aktuelle Berichtsperiode 2013-2018 kommen anstelle des BWS gutachterliche Einschätzungen auf Bundesebene zur Anwendung.

Tab. 1: Bewertung des Erhaltungszustandes von Populationen des Lachses (Salmo salar) in Sachsen-Anhalt

Lachs – Salmo salar
Kriterien/WertstufeABC
A) Wandergewässer
BeeinträchtigungenKeine bis geringMittelStark
Querverbaue im jeweiligen Bundesland (Beeinträchtigung bezieht sich auf Auf- und Abwanderung jeweils aller wandernden Stadien) (Expertenvotum)Keine,
Durchgängigkeit nicht beeinträchtigt
Durchgängigkeit beeinträchtigt, aber Querbauwerke i. d. R. Für einen Teil der Individuen passierbarDurchgängigkeit so gering, dass das Fortbestehen der Vorkommen langfristig gefährdet ist
BeeinträchtigungenKeine bis geringMittelStark
Eingriffe im Gewässer (Gewässerausbau und Unterhaltungs- maßnahmen; Expertenvotum)Ohne erkennbare AuswirkungenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkennbaren Auswirkungen
Wasserentnahme und -einleitung (z. B. Ansaugen von Smolts in Entnahmebau-werken, Kühlwasser-einleitungen, Schmutzfahnen etc.) (Expertenvotum)Ohne erkennbare AuswirkungenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkennbaren Auswirkungen
Sauerstoffdefizite und thermische Belastungen (Expertenvotum)Ohne erkennbare AuswirkungenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkennbaren Auswirkungen
Nutzung (Expertenvotum)Keine Nutzung oder Nutzung ohne negative Folgen auf BestandNutzung mit geringen negativen Folgen auf BestandNutzung mit erheblichen negativen Folgen auf Bestand
Abflussregime (inkl. Querschnitt/ Wassertiefe) (Expertenvotum)Kaum beeinträchtigtGering beeinträchtigtErheblich beeinträchtigt
Wasserkraftanlagen (Expertenvotum)Ohne Wasserkraft­anlagenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkennbaren Auswirkungen
B) Laich- und Juvenilgewässer
Zustand der PopulationHervorragendGutMittel bis schlecht
Bestandsgröße/ Abundanz: Juvenile (0+Parrs), nur Naturbrütlinge in geeigneten und erfassbaren Habitaten≥ 0,5 Ind./m2≥ 0,3 bis < 0,5 Ind./m2< 0,3 Ind./m2
Altersstruktur/ Reproduktion: Adulte (Aufsteiger), zentral für jedes Bundesland zu beurteilen (Expertenvotum)Reproduktives Potential der Aufsteiger ist ausreichend, um fast alle der oberhalb der Kontrollstation liegenden pot. Laich- und Larval­habitate mit Nachwuchs zu versorgenReproduktives Potential der Aufsteiger ist ausreichend, um einen großen Teil der oberhalb der Kontroll­station liegenden pot. Laich- und Larval­habitate mit Nachwuchs zu versorgenReproduktives Potential der Aufsteiger versorgt höchstens einen geringen Teil der oberhalb der Kontrollstation liegenden Laich- und Larvalhabitate mit Nachwuchs
HabitatqualitätHervorragendGutMittel bis schlecht
Flache Abschnitte (mit Strömungsge- schwindigkeiten zwischen 0,3-1,0 m/sek.) Mit Kies/Geröll häufig, nur geringe Anteile von Feinsedimenten im Substrat (Expertenvotum)In allen Teilabschnitten des Gewässers ausreichend vorhandenRegelmäßig vorhanden, in Teilabschnitten fehlendNur in wenigen Teilabschnitten vorhanden
Sauerstoffversorgung des Interstitials bis Frühsommer (Expertenvotum)In allen potentiellen LaichsubstratenIn Teilabschnitten fehlendNur in Teilabschnitten vorhanden
Flache, kiesige Abschnitte mit heterogenem Strömungsbild, tiefere, strömungs- beruhigte Abschnitte (Pools) (Expertenvotum)Flächendeckend vorhandenRegelmäßig vorhanden, in Teilabschnitten fehlendNur in Teilabschnitten vorhanden
BeeinträchtigungenKeine bis geringMittelStark
Besatz (Expertenvotum)Kein BesatzBesatz mit autochthonen Ind.1)Besatz
Nutzung (Expertenvotum)Keine Nutzung oder Nutzung ohne negative Folgen auf BestandNutzung mit geringen negativen Folgen auf BestandNutzung mit erheblichen negativen Folgen auf Bestand
Querverbaue im jeweiligen Bundesland (Beeinträchtigung bezieht sich auf Auf- und Abwanderung jeweils aller wandernden Stadien) (Expertenvotum)Keine, Durchgängigkeit nicht beeinträchtigtDurchgängigkeit beeinträchtigt, aber Querbauwerke i. d. R. Für einen Teil der Individuen passierbarDurchgängigkeit so gering, dass das Fortbestehen der Vorkommen langfristig gefährdet ist
Anthropogene Stoff- und Feinsedimenteinträge (Expertenvotum)Ohne erkennbare AuswirkungenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkenn­baren Auswirkungen
Wasserentnahme und -einleitung (z. B. Ansaugen von Parrs und Smolts in Entnahmebau-werken, Kühlwasserein- leitungen, Schmutz- fahnen) (Expertenvotum)Ohne erkennbare AuswirkungenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkenn­baren Auswirkungen
Gewässerausbau und Unterhaltungsmaß- nahmen (Expertenvotum)Ohne erkennbare AuswirkungenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkenn­baren Auswirkungen
Abflussregime (Expertenvotum)Kaum beeinträchtigtGering beeinträchtigtErheblich beeinträchtigt
Wasserkraftanlagen (Expertenvotum)Ohne WasserkraftanlagenGeringe AuswirkungenErheblich, mit erkenn­baren Auswirkungen
Weitere Beeinträchtigungen für Salmo salar
(Expertenvotum mit Begründung)
KeineMittlere bis geringeStarke
1)   Da der Lachs in Deutschland ausgestorben war, sind keine autochthonen Individuen für Besatzmaßnahmen verfügbar. Der Ausdruck autochthon wird in diesem Zusammenhang für Besatzindividuen verwendet, die von im jeweiligen Gewässersystem aufgestiegenen Adulten gewonnen wurden.