Bachmuschel

Unio crassus Philipsson, 1788

Natura 2000: Anhang II, Anhang IV
Rote Liste Deutschland: 1 - vom Aussterben bedroht
Rote Liste Sachsen-Anhalt: 1 - vom Aussterben bedroht

Karte: Von der Art besiedelte Messtischblattquadranten Gesamtdatenbestand LAU, Zeitraum 2001-2023, vgl. Detailkarte

Die Bachmuschel besiedelt Niederungsbäche und Flüsse mit klarem, sauerstoffreichem Wasser, guter Wasserqualität und kiesig-sandigem Substrat. Sie galt in Sachsen-Anhalt über mehrere Jahrzehnte als verschollen, bevor in den 2000er-Jahren im Jeetze-Dumme-System und in der Altmark westlich Salzwedel neue Nachweise gelangen. Zwischen 2001 und 2023 wurden Nachweise aus 11 MTB erbracht.

Aktuell sind fünf voneinander abgrenzbare Vorkommen der Bachmuschel im Bundesland bekannt: Ein Vorkommen befindet sich im Südteil des Landes im Helmesystem und setzt sich im unmittelbar benachbarten Thüringen fort. Zwei weitere Vorkommen liegen in der Altmark und wurden erst im Jahr 2005 im Gewässersystem der Dumme und im Jahr 2008 in der Jeetze festgestellt. Weitere aktuelle Funde liegen aus der Elbtalniederung und dem Elbe-Mulde-Tiefland vor. (HARTENAUER & SCHNITTER 2013)

Das Vorkommen innerhalb der Helmeniederung ist sehr gut untersucht (BÖßNECK 1999 und BUTTSTEDT 1999a, b; 2000; 2001). Die beiden Hauptvorkommen befinden sich in der Kleinen Helme bei Edersleben sowie im Mühlgraben bei Martinsrieth. Im Hohlstedter Flutgraben wurde nur ein Alttier nachgewiesen. Im Gewässersystem der Dumme wurde im Jahr 2007 die Ausdehnung des Bachmuschelvorkommens erfasst (RANA 2007). Hier besiedelt die Bachmuschel vor allem weite Strecken des Molmker Baches und der Beeke (inkl. Kalten Graben), während sie innerhalb der Salzwedeler Dumme und der Alten Dumme nur in Teilabschnitten zu finden ist. Das Vorkommen in der Jeetze bei Beetzendorf wurde erst Ende 2008 festgestellt. Eine weitergehende Untersuchung im Jahr 2009 zeigte eine geschlossene Population von Barnebeck bis Wölpel, wobei vermutet wird, dass die Art hier auch in anderen Flussabstrichen verbreitet ist (HARTENAUER & SCHNITTER 2013). Gefährdungen der Bachmuschel bestehen u.a. durch den Prädationsdruck von Neozoen, wie Bisam und Nutria (HARTENAUER et al. 2019).

Historische Literaturangaben und subrezente Schalenfunde der Bachmuschel beziehen sich vor allem auf den Südteil von Sachsen-Anhalt bis in Höhe der Verbindungslinie Haldensleben-Burg (z.B. REINHARDT 1874, REGEL 1894, GOLDFUSS 1900, HONIGMANN 1906, WOBIS 1906, ISRAEL 1913, REGIUS 1929-38, 1964, 1966), wo die Art vor allem für das Saale-Elbe-System, aber auch das Aller-Weser-System, angegeben wird. Für die sich nördlich anschließenden Naturräume war die Bachmuschel bis zum Jahr 2005 nicht belegt. Die Nachweise während der vergangenen zwei Jahrzehnte in der Altmark machen die Kenntnislücke zur Verbreitung der Art vor allem im Nordteil Sachsen-Anhalts deutlich, welche auch auf ein allgemeines Erfassungsdefizit zurückzuführen ist. Gerade hier sind daher weitere Vorkommen der Bachmuschel nicht ausgeschlossen. Darauf deuten auch Leerschalenfunde der vergangenen Jahre in weiteren Gewässern, z.B. aus der Biese bei Seehausen oder der unteren Havel bei Garz. (HARTENAUER & SCHNITTER 2013)

Erfassung der Verbreitung

Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise (z.B. aus gezielten Kartierungen) gesammelt und auf Basis des 10-km-LAEA-Rasters dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ 10-km-Raster, d.h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, die Auswertung zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes.


FFH-Stichprobenmonitoring

Das FFH-Stichprobenmonitoring der Bachmuschel richtet sich nach den bundesweit gültigen Methodenstandards in BfN & BLAK (2017). Die Bewertung des Erhaltungszustands einzelner Monitoringgebiete resultiert aus Teilbewertungen der Kriterien „Zustand der Population“, „Habitatqualität“ und „Beeinträchtigungen“.

Innerhalb einer Berichtsperiode (6-Jahreszeitraum) ist der Zustand der Population in einem Untersuchungsjahr mit einer Begehung zwischen Anfang April bis Mitte Oktober zu erfassen. Hierfür wird über eine Strecke von 1 km eine Übersichtsbegehung zur Identifizierung von möglichen Siedlungsflächen und der Lokalisation von Populationen durchgeführt. Bei großen Populationen werden zwei Transekte in repräsentativen Gewässerbereichen festgelegt. Auf den Transekten sind alle oberflächlich sitzenden Tiere über Begehungen mittels Sichtsuche, ggf. Sichtkasten, Durchharken, punktuellem Tasten sowie über Tauchgänge ab 1 m Wassertiefe zu erfassen. Zudem werden die Jungtiere über ein Abgraben und Durchsieben (5 mm Maschenweite) des Sediments (bis zu einer Tiefe in der keine Tiere mehr gefunden werden) zur Bewertung des Merkmals „Populationsstruktur/Reproduktionsrate“ auf den Transekten erfasst. Alle festgestellten Individuen sind zu vermessen. Um die Populationsgröße zu ermitteln, wird zunächst die Anzahl lebender Tiere je laufendem Bachmeter ermittelt (Mittelwert aller Transekte) und dann auf die gesamte Gewässerlänge (exklusive nicht besiedelter/besiedelbarer Bereiche) hochgerechnet.

Die Bewertung der Habitatqualität und Beeinträchtigungen erfolgt je Berichtsperiode einmalig anhand der folgenden Unterkriterien:

Habitatqualität:

  • Stabilität des hyporheischen Interstitial
  • Maximaler Nitratgehalt oder Nitratstickstoffgehalt
  • Potenzielles Wirtsfischspektrum

Beeinträchtigungen

  • Schad- und Nährstoffeintrag
  • Sedimentumlagerung und -verfrachtung, Feinsedimenteintrag
  • Gewässerunterhaltung
  • Prädationsdruck (z.B. durch Bisam, Waschbär, Mink, Nutria, Signalkrebs)
  • Durchgängigkeit der Gewässer v.a. im Hinblick auf Wirtsfische
  • Touristische Nutzung (z.B. Bootstourismus)
  • Weitere Beeinträchtigungen

Derzeit umfasst die Gebietskulisse des FFH-Monitorings für die Bachmuschel 13 Monitoringgebiete (=Stichprobenflächen). Die Gebiete befinden sich in den Landkreisen Altmarkkreis Salzwedel und Mansfeld-Südharz.

In der nachfolgenden Karte sind die Monitoringgebiete eingezeichnet. In der anschließenden Tabelle werden die Flächen noch einmal mit weiteren Informationen zur genauen Lage aufgeführt.

STPE-Nr.NameLandkreisBiogeogr. Region
ST_MOLL_UNIOCRAS_01Molmker Bach, Peckensen-HimsenAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_02Beeke bei WallstaweAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_03Kalter GrabenAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_04Salzwedler Dumme nördl. TylsenAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_05Alte Dummer nördl. BombeckAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_06Jeetze bei Peertz (Hoppenmühle)Altmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_07Jeetze zw. Jeeben und DarnebeckAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_08Jeetze bei AudorfAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_09Jeetze bei Valfitz/KuhfeldeAltmarkkreis SalzwedelKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_10Mühlgraben Martinsrieth, westl. MartinsriethMansfeld-SüdharzKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_11Mühlgraben Martinsrieth, östl. MartinsriethMansfeld-SüdharzKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_12Kleine Helme westl. EderslebenMansfeld-SüdharzKontinental
ST_MOLL_UNIOCRAS_13Kleine Helme östl. EderslebenMansfeld-SüdharzKontinental