Wolf

Canis lupus Linnaeus, 1758

Natura 2000: Anhang II *, Anhang IV

Der Wolf wurde im 19. Jh. auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts ausgerottet. Indirekte Hinweise (Risse etc.) lassen auf eine erneute Etablierung infolge natürlicher Zuwanderung im Laufe des Jahres 2008 schließen. Im Frühjahr 2009 wurden auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow im Grenzgebiet zu Brandenburg erstmals Spuren eines territorialen Wolfspaares dokumentiert. Seit Mitte 2009 wird im Rahmen des Monitorings die Anwesenheit eines Rudels mit Welpen belegt. Der zugehörige Rüde wurde am 06.06.2009 bei Tucheim illegal durch einen Jäger geschossen. Mittlerweile hat sich ein neuer Rüde dem Rudel angeschlossen. Mit Stand Ende 2009 umfasst das Rudel somit zwei Alttiere sowie 5 Welpen. Eine landesweite Hinweisrecherche (LUPUS 2009) ergab, dass zwar weitere Hinweise existieren, die Meldungen um den TrÜbPl Altengrabow jedoch die einzigen aktuellen bestätigten Hinweise auf eine territoriale Ansiedlung sind.

Die fachlichen Grundlagen für das Monitoring des Wolfes wurden von einer Projektgruppe erarbeitet (KACZENSKY et al. 2009). Darin sind detaillierte Arbeitsanweisungen und Interpretationshilfen enthalten, die hier teilweise nur umrissen werden. Das Monitoring ist als Minimalforderung an den Kriterien der FFH-Richtlinie auszurichten. Wegen des hohen Informationsbedarfs der Öffentlichkeit sowie zur Umsetzung eines Managements der Großraubtierart muss ein kontinuierlich hoher Kenntnisstand – voraussichtlich über die Anforderungen der FFH-Richtlinie hinaus – gewährleistet sein.

Erfassung Verbreitung und Population

Die Erfassung der Gesamtverbreitung sowie von Populationsparametern erfolgen gemeinsam nach weitgehend den gleichen Methoden. Grundsätzlich arbeitet das Monitoring mit zwei unterschiedlichen Ansätzen:

  • passives Monitoring in Gebieten ohne territoriale Wolfsansiedlung: Sammeln, Auswerten und Analysieren von Informationen, die zufällig anfallen
  • gezieltes Monitoring in Gebieten mit territorialen Wolfsvorkommen: gezieltes Sammeln von Daten einschließlich Geländeuntersuchungen.

Die Bewertung von Hinweisen auf Wölfe ist vor allem wegen der hohen Verwechslungsgefahr mit Hunden und anderen Raubsäugern schwierig. Es ist erforderlich, Hinweise im Einzelfall strikt nach den SCALP-Kriterien (C1 bis C3, Falschmeldung) hinsichtlich Plausibilität einzustufen und die Daten dementsprechend genau zu erheben. Spezielle an den Wolf angepasste Kriterien für die Zuordnung von Hinweisen zu den Kategorien sind bei KACZENSKY et al. (2009) aufgeführt.

Ein „Vorkommen“ ist definiert als das Gebiet, das tatsächlich vom Wolf besiedelt ist. Es wird durch die besetzten Rasterzellen von 10×10 km Größe (entspricht Messtischblatt) beschrieben (Kriterien siehe KACZENSKY et al. 2009). Das Verbreitungsgebiet wird im Zusammenspiel von landesweitem passivem Monitoring und gezieltem Monitoring ermittelt. Die Schätzung des Trends des Verbreitungsgebietes erfolgt über die zeitliche Änderung der Anzahl besetzter Zellen.

Die Populationsgröße ist der wichtigste Parameter zur Beschreibung des Zustands einer Wolfs-Population. Genaue Schätzungen der Populationsgröße von Wölfen lassen sich nur schwer vornehmen. Dagegen ist die Anzahl der reproduzierenden Rudel bzw. Familien nicht nur leichter zu ermitteln, sondern für die Beurteilung des Erhaltungszustandes auch sinnvoller als die Gesamtzahl der Tiere. Daher wird der Empfehlung von KACZENSKY et al. (2009) gefolgt, in erster Linie mit Populationsindices wie Anzahl der Rudel und der reviermarkierenden Paare zu arbeiten. Reproduktionserfolg und Größe der Rudel sind weitere wichtige Kriterien.

Passives Monitoring

Passives Monitoring zielt vorrangig auf Präsenznachweise ab. Dies schließt die Nachkontrolle von Hinweisen mit höherer Plausibilität mit ein. Bei Häufung plausibler Hinweise ist über die Aufnahme gezielter Untersuchungen zu entscheiden. Sobald territoriale Ansiedlungen als solche bekannt sind, muss mit gezielten Untersuchungen weitergearbeitet werden. Die zu erhebenden Parameter sind beim passiven Monitoring prinzipiell die gleichen, wie beim gezielten Monitoring (s.u.), jedoch werden die Hinweise i.d.R. weniger detailliert ausfallen.

Gezieltes Monitoring

Die im Folgenden genannten Methoden sind in Gebieten mit territorialen Wolfsansiedlungen gezielt anzuwenden (vgl. KACZENSKY et al. 2009).

ParameterMethodeGenauigkeit und Umfang der erforderlichen Daten
VorkommensgebietSuche nach AnwesenheitshinweisenEin C1 oder drei unabhängige C2-Daten per 10 x 10 km Zelle (Sachsen-Anhalt: MTB) und Jahr
Anzahl Rudel, Anzahl markierender Paare, Anzahl einzelner territorialer WölfeSuche nach Anwesenheitshinweisen, Abspüren bei Schnee, Genetische Untersuchungen*, Heulanimation, Videodokumentation, FotofallenVorkommen eines Rudels, eines markierenden Paares oder eines territorialen Einzeltiers muss durch C1 oder C2-Daten bestätigt werden
RudelgrößeSuche nach Anwesenheitshinweisen (Fokus auf Spuren), Abspüren bei Schnee, Genetik, Heulanimation, Videodokumentation, FotofallenDie Mindestgröße des Rudels muss durch C1 oder C2-Daten im Spätherbst / Winter bestätigt werden
ReproduktionSuche nach Anwesenheitshinweisen (Fokus auf Welpenspuren), Abspüren bei Schnee, Genetische Analyse* unterschiedlichen Materials, Heulanimation, Videodokumentation an Rendezvousplätzen, FotofallenErfolgreiche Reproduktion muss mit C1 oder C2-Daten von überlebenden Welpen im Spätherbst/Winter bestätigt werden.

* Als deutsches Referenzlabor für die Durchführung genetischer Analysen wurde das Senckenberg-Institut bestimmt

Bei jeder Ansiedlung ist aufgrund der räumlichen und zeitlichen Verteilung der Hinweise zu entscheiden, welches konkrete Gebiet einem aktiven Monitoring unterzogen wird. Meist werden stichprobenhafte Geländekontrollen an besonders geeigneten bzw. regelmäßig von den Wölfen frequentierten Bereichen durchgeführt werden. Das gesamte Streifgebiet dürfte zu groß sein, um mit vertretbarem Aufwand gezielt untersucht zu werden.

So lange die Population klein ist (≤ 12 Rudel), sollte von jedem Rudel so viel Information wie möglich gesammelt werden (Rudelgröße, Territoriengröße, Identität von Individuen, Anzahl Welpen). Wird die Population größer, ist ein stratifiziertes Vorgehen sinnvoll, mit Referenzrudeln und Referenzgebieten und Extrapolation der Ergebnisse auf die Gesamtpopulation. In kleinen Populationen ist die Kenntnis vom Vorkommen einzelner territorialer Tiere wichtig für Managemententscheidungen, aber auch für das Monitoring. Die individuelle Kenntnis solcher Tiere bzw. ihres Status (Geschlecht, Alter u. a. m.) kann von Bedeutung für das Management sein (KACZENSKY et al. 2009).

Telemetrie ist in größerem Rahmen als Monitoringmethode nicht geeignet, liefert aber wertvolle Ergebnisse, die anders nicht zu gewinnen sind. Telemetrie sollte ergänzend zum Monitoring in Referenzgebieten eingesetzt werden, um Monitoringergebnisse zu kalibrieren (KACZENSKY et al. 2009). Zudem liefert Telemetrie wichtige Datengrundlagen für das Management des Wolfes.

Totfunde sind stets einer veterinärpathologischen Untersuchung durch eine erfahrene Einrichtung zuzuführen.

Für die genetische Untersuchung von Proben wurde das Senckenberg-Institut als deutsches Referenzlabor bestimmt. Die Methode zur genetischen Analyse ist derzeit noch nicht für alle Aufgabenbereiche optimal ausgearbeitet. So ist die bestehende Methodik z.B. nur eingeschränkt zur Zuordnung einzelner Proben zu einzelnen Rudeln und Teilpopulationen (inkl. Vaterschaftsbestimmung) in der Lage. Eine Erweiterung des Methodenspektrums ist in Diskussion. Grundsätzlich sollte die genetische Analyse jeder auswertbaren Probe aus dem passiven und gezielten Monitoring (Losung, Haare etc.) angestrebt werden.

Turnus:

  • kontinuierliche Datensammlung und Plausibilitätseinschätzung der Hinweise im Rahmen des passiven Monitorings
  • jährliche gezielte Datenerhebung und Auswertung im Rahmen des gezielten Monitorings mit länderübergreifender Abstimmung (Expertentreffen)
  • jährliche Bestimmung der Vorkommen mit länderübergreifender Abstimmung
  • Bestimmung des Verbreitungsgebietes sowie der Populationsgröße und des Populationstrends jeweils am Ende der sechsjährigen Berichtsperiode mit länderübergreifender Abstimmung (Expertengremium).

Erfassung Habitatqualität

Die Habitatqualität ist in ihrer Bedeutung für Wölfe schwierig zu interpretieren. Wölfe verhalten sich hinsichtlich ihrer Habitatnutzung äußerst plastisch. Wichtige Gefährdungsfaktoren sind grundsätzlich Zersiedelung, Verkehrsdichte und insbesondere menschliche Störung sowie menschliche Nachstellung.

Eine gezielte Erfassung biotopbezogener Faktoren soll im Rahmen des FFH-Monitorings nicht erfolgen. Jedoch ist zu erwarten, dass als Grundlage für Managemententscheidungen Daten erhoben bzw. zusammengestellt werden müssen (z.B. Angaben zu Wilddichten, Abschusszahlen etc.) die im Rahmen des FFH-Monitorings mitgenutzt werden können.

Erfassung Beeinträchtigungen

Im Rahmen des passiven und gezielten Monitorings werden wichtige Daten, die auf Beeinträchtigen schließen lassen (Verkehrstod, illegaler Abschuss etc.) mit erhoben. Beeinträchtigungen und Gefährdungen sollten auf Grundlage des passiven und gezielten Monitorings am Ende der sechsjährigen Berichtsperiode gutachterlich eingeschätzt werden. Insbesondere zu berücksichtigen sind hierbei:

  • Faktoren der Landschaftszerschneidung
  • illegale Tötung von Wölfen
  • Hybridisierung mit Hunden