Graphoderus bilineatus (DeGeer, 1774)
Natura 2000: Anhang II, Anhang IV
Rote Liste Deutschland: 3 - gefährdet
Rote Liste Sachsen-Anhalt: 3 - gefährdet
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Karte: Von der Art besiedelte Messtischblattquadranten Gesamtdatenbestand LAU, Zeitraum 2001-2023, vgl. Detailkarte
Der Schmalbindige Breitflügel-Tauchkäfer besiedelt vegetationsreiche Stillgewässer und langsam fließende Gewässer mit einer Größe von weniger als einem halben Hektar, die einen perennierenden Charakter und geringe Wassertiefen aufweisen. Die Gewässer sollten ausgedehnte und stark besonnte Flachwasserbereiche mit größeren und strukturreichen Beständen emerser und submerser Vegetation sowie ausgeprägte Verlandungszonen und naturnahe Flachufer besitzen (HENDRICH & BALKE 2003; CUPPEN et al. 2006; RINGEL et al. 2011; HENDRICH & Gebert 2012).
Als eurosibirische Art weist der Schmalbindige Breitflügel-Tauchkäfer ein Verbreitungsareal von Mittel- und Nordeuropa bis Westsibirien auf (NILSSON & HOLMEN 1995, HENDRICH & BALKE 2003). Für Deutschland belegen historische Fundmeldungen, dass die Art einst weit verbreitet und nicht selten war (HORION 1941; HENDRICH & BALKE 2000, 2003). Rezente Nachweise der letzten 25 Jahre beschränken sich hingegen fast ausschließlich auf den Norden und Osten der Bundesrepublik (v.a. Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen), vereinzelte Funde sind zudem aus Baden-Württemberg und Bayern bekannt.
Für Sachsen-Anhalt liegen alte Nachweise des Schmalbindigen Breitflügel-Tauchkäfers zumeist aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts vor (FICHTNER 1983). Zwischen 2001 und 2023 wurden in Sachsen-Anhalt Nachweise aus 11 MTB erbracht. Die Vorkommen beschränken sich dabei auf den Osten des Bundeslandes in den Naturräumen „Elbe-Mulde Tiefland“ (D10) und „Fläming“ (D11), mit einer Konzentration um Dessau und Lutherstadt Wittenberg. So untersuchten BRANDT & MORITZ (2015) in den Jahren 2013-2015 in Sachsen-Anhalt 26 ausgewählte Gewässer. Insgesamt erfolgte der Nachweis von 129 Individuen in 13 Untersuchungsgewässern, wobei 61 % aller Funde im FFH-Gebiet 0071 „Untere Schwarze Elster“ verzeichnet wurden. Weitere Nachweise gelangen in den FFH-Gebieten 0067 „Dessau-Wörlitzer Elbauen“, 0075 „Alte Elster und Rohrbornwiesen bei Premsendorf“, 0129 „Untere Muldeaue“ sowie 0132 „Lausiger Teiche und Ausreißerteich östlich Bad Schmiedeberg“. (SPITZENBERG 2003; BERNHARD 2007; MALCHAU 2010)
Aufgrund der rezenten Nachweise kann davon ausgegangen werden, dass der Schmalbindige Breitflügel-Tauchkäfer in Sachsen-Anhalt seinen Verbreitungsschwerpunkt in den Altgewässern der mitteldeutschen Flüsse Elbe, Mulde und Schwarze Elster inne hat (BRANDT & MORITZ 2015). Es ist zu mutmaßen, dass weitere Vorkommen noch unentdeckt sind. Kenntnisdefizite bestehen insbesondere über das Vorkommen westlich der bisher bestätigten Nachweisgebiete.
Erfassung der Verbreitung
Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise (z.B. aus gezielten Kartierungen) gesammelt und auf Basis des 10-km-LAEA-Rasters dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ 10-km-Raster, d.h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, die Auswertung zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes.
FFH-Stichprobenmonitoring
Das FFH-Stichprobenmonitoring des Schmalbindigen Breitflügel-Tauchkäfers richtet sich nach den bundesweit gültigen Methodenstandards in BFN & BLAK (2017). Die Bewertung des Erhaltungszustands einzelner Monitoringgebiete resultiert aus Teilbewertungen der Kriterien „Zustand der Population“, „Habitatqualität“ und „Beeinträchtigungen“.
Die Populationsgröße wird in einem Untersuchungsjahr pro Berichtsperiode (6-Jahreszeitraum) mit zwei Fangperioden zwischen Ende April und Anfang Mai sowie zwischen Anfang Juli und Mitte August mit einer Gesamtfangdauer von jeweils maximal 5 Tagen ermittelt. Die Erfassung der Imagines erfolgt mittels PET-Flaschenfallen sowie Reusenfallen, die zur Erhöhung der Fangwahrscheinlichkeit beködert werden müssen. Zusätzlich sollten beim Auslegen der Reusen auch potenziell geeignete Uferbereiche abgekeschert werden. Als Zählgröße dient die Anzahl besiedelter Gewässer. Sobald in einem Gewässer ein Nachweis erbracht wurde, kann daher dort die Erhebung für die Berichtsperiode beendet werden.
Die Bewertung der Habitatqualität und Beeinträchtigungen erfolgt je Berichtsperiode einmalig anhand der folgenden Unterkriterien:
Habitatqualität:
- Gewässermorphologie: Anteil Flachwasserbereiche <0,3 m Tiefe im Fortpflanzungsgewässer
- Lichteinwirkung/Temperaturverhalten, inkl. Beschattungsgrad (maßgeblich für die Larvalentwicklung)
- Ausbildung der submersen/emersen Vegetation
- Zur Eiablage geeignete Pflanzenbestände wie z.B. Hottonia palustris, Potamogeton spec. etc.
Beeinträchtigungen
- Nährstoffhaushalt/Eutrophierungsgrad
- Prädationsdruck durch Fischbesatz
- Weitere Beeinträchtigungen
Derzeit umfasst die Gebietskulisse des FFH-Monitorings für den Schmalbindigen Breitflügel-Tauchkäfer 10 Monitoringgebiete (=Stichprobenflächen). Die Gebiete verteilen sich über 3 Landkreise, wobei mit 8 Flächen die meisten in Wittenberg liegen.
In der nachfolgenden Karte sind die Monitoringgebiete eingezeichnet. In der anschließenden Tabelle werden die Flächen noch einmal mit weiteren Informationen zur genauen Lage aufgeführt.
STPE-Nr. | Landkreis | Biogeogr. Region |
---|---|---|
ST_COL_GRAPBILI_01 | Anhalt-Bitterfeld | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_02 | Dessau-Roßlau | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_03 | Wittenberg | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_04 | Wittenberg | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_05 | Wittenberg | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_06 | Wittenberg | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_07 | Wittenberg | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_08 | Wittenberg | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_09 | Wittenberg | Kontinental |
ST_COL_GRAPBILI_10 | Wittenberg | Kontinental |
BERNHARDT, S. 2007: Beitrag zur Wasserkäferfauna an Saale und Schwarzer Elster im Land Sachsen-Anhalt. – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt, 15(1): 3–15.
BRANDT, S. & G. MORITZ 2015: Identifikationstool zur Erfassung der FFH-Arten Graphoderus bilineatus und Dytiscus latissimus sowie weiteren, in ausgewählten Gebieten Sachsen-Anhalts vorkommenden Dytisciden-Arten. – Universität Halle-Wittenberg. – Abrufbar unter: https://thripsnet.zoologie.uni-halle.de/key-server-neu/data/00060300-070f-4d0a-8804-030e02010d0f/media/Html/About_ID.htm (zuletzt abgerufen am 30.01.2025).
BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (BFN) & BUND-LÄNDER-ARBEITSKREIS (BLAK) FFH-MONITORING UND BERICHTSPFLICHT 2017: Bewertungsschemata für die Bewertung des Erhaltungsgrades von Arten und Lebensraumtypen als Grundlage für ein bundesweites FFH-Monitoring. Teil I: Arten nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie (mit Ausnahme der marinen Säugetiere). – BfN-Skripten 480, Bundesamt für Naturschutz.
CUPPEN, J, B. KOESE & H. SIERDSEMA 2006: Distribution and habitat of Graphoderus bilineatus in tbe netherlands (Coleoptera: Dytiscidae). – Nederlandse faunistische Mededelingen 24: 29-40.
FICHTNER, E. 1983: Beiträge zur Insektenfauna der DDR: Coleoptera – Dytiscidae (lnsecta). – Faunistische Abhandlungen Staatliches Museum für Tierkunde in Dresden 11 (1): 1-48.
HENDRICH, L. & M. BALKE 2000: Verbreitung, Habitatbindung, Gefährdung und mögliche Schutzmaßnahmen der FFH-Arten Dytiscus latissimus LINNAEUS, 1758 (Der Breitrand) und Graphoderus bilineatus (DE GEER, 1774) in Deutschland (Coleoptera: Dytiscidae). – lnsecta 6: 98-114.
HENDRICH, L. & M. BALKE 2003: Graphoderus bilineatus DeGeer, 1774. – In: PETERSEN, B., G. ELLWANGER, G. BIEWALD, U. HAUKE, G. LUDWIG, P. PRETSCHER, E. SCHRÖDER & A. SSYMANSK (Bearb.): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wirbellose. – Bonn-Bad Godesberg (Landwirtschaftsverlag) – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69(1).
HENDRICH, L. & J. GEBERT 2012: Schmalbindiger Breitflügel-Tauchkäfer (Graphoderus bilineatus). – In: Internethandbuch zu den Arten der FFH-Richtlinie Anhang IV, Käfer. – Bundesamt für Naturschutz.
HORION, A. 1941: Faunistik der deutschen Käfer. I. Adephaga-Caraboidea. – Goecke, Krefeld, S.1-463.
MALCHAU, W. 2010: Graphoderus bilineatus. – In: LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (Hrsg.): Bewertungen des Erhaltungszustandes der wirbellosen Tierarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Sachsen-Anhalt. – Halle. Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Sonderheft 2/2010: 181-184.
NILSSON, A. N. & M. HOLMEN 1995: The aquatic Adephaga (Coleoptera) of Fennoscandia and Denrnark. II. Dytiscidae. – Fauna Entomologica Scandinavica 32, 192 S. E. J. Brill, Leiden, New
York, Köln.
RINGEL H., G. SCHMIDT, V. MEITZNER & M. LANGE 2011: Graphoderus bilineatus (DeGeer, 1774) – Anhang II, IV FHH-Richtlinie (FFH-Code: 1081).
SPITZENBERG, D. 2003: Zur Situation der in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie enthaltenen Schwimmkäfer Dytiscus latissimus und Graphoderus bilineatus in Sachsen-Anhalt. – halophila, Mitteilungsblatt der Fachgruppe Faunistik und Ökologie Staßfurt, 46: 7.