Während des Winterhalbjahres ziehen rund 130 Wasservogelarten durch Deutschland. Viele Arten nutzen die Bundesrepublik als Zwischenstation auf dem Weg in weiter entfernte Überwinterungsgebiete, sodass Bestandsmaxima zu den Hauptzugzeiten im Herbst und im Frühjahr beobachtet werden. Die Zug- und Rastzeiten werden dabei stark vom Witterungsverlauf beeinflusst.
Das Monitoring rastender Wasservögel (MrW) wird durch den Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) koordiniert. Um die Bedeutung der heimischen Feuchtgebiete für die rastenden Vögel ermitteln zu können, werden monatliche Zählungen über das gesamte Winterhalbjahr durchgeführt. Neben der Schätzung der Rastbestände sollen dadurch auch die Unterschiede im jahreszeitlichen Auftreten sowie bedeutende Rastgebiete ermittelt werden.
Das Artenspektrum des Monitorings rastender Wasservögel umfasst alle Vogelarten, die von der Ramsar-Konvention, dem „Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung“, sowie dem Afrikanisch-Eurasischen Wasservogelabkommen (AEWA) abgedeckt werden. Darüber hinaus wurden die für Deutschland relevanten Seevogel-Familien ebenfalls in das Artenspektrum aufgenommen.
Um der Vielfalt an Verhaltensweisen und Lebensraumansprüchen der Arten bei der Erfassung Rechnung zu tragen, umfasst das Monitoring drei Module:
- das Seabirds at Sea-Programm in den küstenfernen Gewässern,
- die Rastvogelerfassungen im Rahmen des Trilateral Monitoring and Assessment Programs im Wattenmeer,
- die Wasservogelzählung in allen anderen Regionen Deutschlands.
Darüber hinaus existieren Ergänzungsmodule, z.B. das Modul „Rastende Gänse und Schwäne“ oder die Kranich-Schlafplatzzählung.
Wasservogelzählung
Im Rahmen der Wasservogelzählung werden alle „klassischen“ Wasservogelarten wie Schwäne, Gänse, Enten, Reiher, Watvögel und Möwen sowie Neozoen und Hybride (z.B. Nilgans und Rotschulterente) erfasst. Daneben werden auch 19 weitere Arten berücksichtigt, die nicht unmittelbar mit Feuchtgebieten assoziiert werden, z.B. Wanderfalke, Merlin oder Raubwürger.
Die Zählung wird im Binnenland und an der Ostseeküste an bis zu 12 Terminen von September bis April vorgenommen, die bundesweit festgelegt werden. Die Zähltermine im Wattenmeer orientieren sich an den Hochwasserzeiten. Die Erfassung erfolgt nach der „Look-See-Methode“: Es werden alle Individuen dokumentiert, die sich zur Zeit der tagsüber stattfindenden Zählung im Gebiet aufhalten, abfliegen oder landen.
Die Wasservogelzählung ist hervorragend für den Einstieg ins Vogelmonitoring geeignet, da die Zählgebiete oft auch in der Nähe von Wohngebieten liegen, Wasservögel vergleichsweise leicht zu bestimmen sind und das Artenspektrum an vielen Gewässern überschaubar ist.
Methodenblatt und Informationen zum Mitmachen: Mitmachen! – www.ornitho.de
Rastende Gänse und Schwäne
Da Gänse und Schwäne sich tagsüber zur Nahrungssuche oft auf landwirtschaftlich genutzten Flächen aufhalten, werden sie durch die Wasservogelzählung nicht ausreichend abgebildet. Aus diesem Grund existiert ein ergänzendes Erfassungsmodul zum Monitoring rastender Gänse und Schwäne. Hierbei werden in den Nahrungsgebieten und an Schlafgewässern zusätzliche Zählungen durchgeführt.
Neben Schwänen, Gänsen und Halbgänsen werden bei der Feldzählung in Nahrungsgebieten Silberreiher, Graureiher, Kranich, Kiebitz, Goldregenpfeifer, Großer Brachvogel, Regenbrachvogel, Kampfläufer und Kornweihe aufgenommen. Bei der Schlafplatzzählung werden zusätzlich zu Schwänen, Gänsen und Halbgänsen auch Kraniche berücksichtigt.
Gezählt wird im Binnenland und an der Ostseeküste an bis zu 8 Terminen zwischen September und März, die bundesweit festgelegt werden. In Niedersachsen und an der Wattenmeerküste in Schleswig-Holstein orientieren sich die Zähltermine an den Hochwasserzeiten. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wird zusätzlich im Juli eine Sommer-Gänsezählung durchgeführt.
Die Zählung an den Schlafplätzen erfolgt morgens bei Sonnenaufgang, die Zählung auf den Nahrungsflächen tagsüber ab einer Stunde nach Sonnenaufgang. Für die Begehungen werden insgesamt meist drei bis vier Stunden veranschlagt.
Methodenblatt und Informationen zum Mitmachen: Mitmachen! – www.ornitho.de
Kranich-Schlafplatzzählung
Da Kraniche sich tagsüber zur Nahrungssuche über große Distanzen in der Landschaft verteilen, wird zur besseren Ermittlung der Bestandsgrößen eine Schlafplatzzählung durchgeführt. Kraniche schlafen gemeinsam in teilweise sehr großen Ansammlungen, die in einigen Regionen mehrere zehntausend Individuen umfassen können. Die Schlafplätze werden in der Regel abends in der Dämmerung angeflogen, am Morgen fliegen die Vögel wieder in Richtung der Nahrungsgebiete oder ziehen weiter. Über Zählungen an den Schlafplätzen ist die Erfassung des großräumigen Rastbestandes daher deutlich einfacher und mit vergleichsweise geringem Aufwand verbunden.
Die Erfassungen finden in festgelegten Zählgebieten an den Schlafgewässern der Kraniche statt. Die Zählung erfolgt an bundesweit synchronen Zählterminen von Mitte August bis Mitte Januar. Zum Rasthöhepunkt im Oktober erfolgen wöchentliche Zählungen, in den übrigen Monaten wird nur zur Monatsmitte gezählt; die Zähtermine sind dabei mit denen des Monitorings rastender Wasservögel koordiniert. Die wichtigsten Zählungen finden im August zur Erfassung der einheimischen Kranichpopulation sowie im Oktober zum bundesweiten Rasthöhepunkt statt.
An den Schlafplätzen werden die an- bzw. abfliegenden Kraniche gezählt. Je nach örtlichen Gegebenheiten und Jahreszeit kann die Zählung morgens oder abends stattfinden. Die Erfassung dauert in der Regel ein bis drei Stunden.
Methodenblatt und Informationen zum Mitmachen: Mitmachen! – www.ornitho.de